Evakuierungen im Südosten

der Ukraine

Helpbus evakuiert Betroffene mit Reise- und Kleinbussen aus den umkämpften Gebieten im Südosten der Ukraine.

Helpbus in Kherson: Über 54 Schutzsuchende können mit einer Fahrt in Sicherheit gebracht werden

Hilfe zur Selbsthilfe

Bereits kurz nach Beginn der russischen Invasion im März 2022 haben wir den Kontakt zu unserer Partnerorganisation Side by Side in Odessa aufgebaut. Über 100 Freiwillige – zum Teil selbst Geflüchtete aus den umkämpften Gebieten – haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Hinterbliebenen zu evakuieren. Freiwillige Fahrer:innen gab es genug, doch Fahrzeuge waren rar. In vollgequetschten Kombis und PKWs nahmen sie ein hohes Risiko auf sich, um hinterbliebene Menschen aus ihren Heimatstädten zu holen. Transporter oder Minibusse waren in der Ukraine unbezahlbar. Der Krieg hat die Nachfrage für diese Fahrzeuge unermesslich steigen lassen, sodass pro Einsatz lediglich fünf bis sieben Personen gerettet werden konnten.

Unser Team vor Ort

Unser Team war vor Ort und hat sich selbst ein Bild von der Situation gemacht. Gemeinsam haben wir dann entschieden, weitere Kleinbusse und einen Reisebus zu organisieren und nach Odessa zu bringen. Jede Fahrt ist ein hohes Risiko für jede:n Beteiligte:n. Unzählige Checkpoints, schwierige Straßenverhältnisse und die Bedrohung durch die Frontlinie nur wenige Kilometer entfernt. Einsätze lassen sich nur schwer planen, da die Frontlinie sich stetig verschiebt. Durch verschlüsselte Kommunikations-Messenger erhalten die Fahrer:innenteams Informationen, wo sich die Betroffenen befinden. Unter Einsatz ihres Lebens nehmen sie Touren von über 1000km pro Tag auf sich, um Menschen aus den Regionen Kherson, Zaporischja und Mykolaiviv nach Odessa zu bringen. Immer wieder wird die Kommunikation zu den Fahrer:innen unterbrochen.

Der Reisebus wird nach Odessa überführt.

Der Bus ist vor allem für ältere Menschen und Kinder der einzige Weg in die Freiheit.

Blick aus dem Bus: Nur wenige Kilometer entfernt steigt dunkler Rauch über der Frontlinie hinauf.

Risikomanagement

Durch zerstörte Mobilfunknetze oder Gefahrensituationen, in denen sich die Fahrer:innen verstecken müssen, werden teilweise kaum befahrbare Ackerwege genutzt, um unentdeckt in die Ortschaften zu gelangen. Keiner der Fahrer:innen ist Profi oder hat so etwas früher schon einmal gemacht. Doch der Krieg hat alles verändert. Stetig arbeiten wir gemeinsam mit Fahrer:innen und Partner:innen daran, die Abläufe zu verbessern. Jede:r Fahrer:in hat inzwischen Sicherheitstrainings und medizinische Hilfekurse absolviert.

Einsatzgebiete

Der Reisebus wird primär eingesetzt, um Geflüchtete aus Odessa weiter in Unterkünfte nach Moldawien und Rumänien zu bringen. Doch sofern es möglich ist, fährt der Bus auch auch Städte wie Kherson und Zaporischja an, um Menschen eine Flucht zu ermöglichen. Statt zuvor 5-7 Personen, ermöglicht der Reisebus eine Evakuierung von über 54 Menschen auf einmal. Im Januar 2023 ist nicht absehbar, dass sich der Bedarf an Evakuierungsfahrten verändert.

Reisebus und Kleintransporter fahren im Konvoi durch die Ukraine.

Es gibt lange Wartezeiten an den Checkpoints.

Familien, ältere Menschen und Kinder werden in Sicherheit gebracht.

Ukraine: Die Situation vor Ort

Die Situation ist weiterhin dynamisch und es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum Menschen auch heute noch ihre Heimat in der Ukraine verlassen müssen. Für einige sind es die psychologischen Spuren, die erst nach fast einem Jahr des Durchhaltens die Überwindung bringt, ihre Heimat zu verlassen. Andere konnten nicht fliehen, weil ihre Stadt oder ihr Dorf besetzt war. Wiederum andere hatten Angehörige oder Tiere, um die sie sich kümmern mussten. Die Situation und die Motive zu bewerten ist unmöglich und steht uns nicht zu. Unser Team vor Ort setzt jedoch alles daran, Betroffenen in der Ukraine weiterhin eine sichere Flucht zu ermöglichen.

Die Evakuierung und Erstversorgung eines Menschen (inkl. Dieselkosten, Verpflegung und Unterkunft für die ersten Tage) kostet durchschnittlich 340 €. Damit wir diese Arbeit weiterhin leisten können, sind wir auf eure Unterstützung angewiesen. Vielen Dank!